10.09.2019

Jean-Pierre Rochat, Nebelstreif

Pressekontakt: Ruth Eising | +49.(0)228.25987582 | +49.(0)160.1564308 | r.eising@re-book.de

Bauer Jean Grosjean hätte seinen Kühen nicht ohne Grund gern schwarze Halfter angelegt: Es ist der Tag des Abschieds, sein ganzes Hab und Gut, »Vieh, Fahrhabe und Gerätschaften«, wie es in der öffentlichen Ankündigung heisst, wird versteigert. Mit jedem Werkzeug, mit jeder Maschine, mit jeder Kuh verliert Jean, der mit Leib und Seele Bauer war, ein Stück von sich selbst. Und was kommt nach dem Verkauf von Nebelstreif?

Jean-Pierre Rochat erzählt in diesem Buch die Geschichte einer individuellen, aber auch einer gesellschaftlichen Tragödie. Es ist ein flammendes Manifest gegen das Schicksal zahlreicher Bauern und Kleinbauern, die unter den herrschenden wirtschaftlichen Bedingungen mehr und mehr in den Tod getrieben werden. Und eine ebenso flammende Liebeserklärung an das, was das bäuerliche Leben auch sein kann oder sein könnte.

Nebelstreif hat Yla M. von Dach vom Französischen ins Deutsche übersetzt.

Leseprobe:
Nein, nein, nicht die da, die können Sie nicht, die gehört meiner Frau!« Sie hatte ihre eigenen Werkzeuge, die man nicht anzurühren wagte, sie sagte: »Es braucht mindestens zwei Jahre, bis mir ein Werkzeug nach der Hand geht!«, und sie war enorm begabt für die Arbeit, für alles übrigens, sie war eine ideale Frau. Etwas muss eines Tages aufhören, damit man merkt, dass es ideal war. Dass die Ideale sich ändern können und dass die Liebe dir urplötzlich aus den Pfoten glitschen kann wie eine schöne Forelle, die dir entwischt.

Ich bin kein Bauer mehr, nicht einmal ein Dichter, das hier ist die Realität, ganz ungeschminkt. Was wird aus mir, danach? Ach nichts. Es ist der Tag der Hinrichtung. Danach kommt die Arbeit des Bestattungsinstituts, denen fehlt es nicht an Energie, die werden dafür bezahlt, doch wer bezahlt? Wo ich doch ein Loch bin, eine Negativquote, Tod auf Kredit.

Wie hat das passieren können? Fassen wir die drei Jahre meiner Talfahrt zusammen; wie der solide Sockel meiner Vorfahren, Grund und Boden, unter meinen Füssen zu Nichts zerbröselt ist, wie ich ins Wanken gekommen und kaputtgegangen bin.

Jean-Pierre Rochat, Nebelstreif
Roman, gebunden, 104 Seiten,
CHF 25,00 und Euro 23,00
ISBN 978-3-03867-018-6

Der Autor:
Jean-Pierre Rochat, 1953 in Basel geboren, verbrachte seine Kindheit vom siebten Altersjahr an in Biel. 1974 hat er sich mit seiner Familie als Aussteiger, Bergbauer und Pferdezüchter in Vauffelin im Berner Jura niedergelassen. Hier machte er sich mit der Zucht von Freiberger Pferden einen Namen.
Die andere Passion Jean-Pierre Rochats ist seit jeher das Schreiben. Nach Scènes de la vie agricole (1982) erschien 1984 von ihm die Erzählung Berger sans étoile (Hirt ohne Sterne, Zytglogge Verlag), für die er vom Kanton Bern mit einem Förderpreis ausgezeichnet wurde. 1990 veröffentlichte er bei Canevas den Erzählband Epilady, 1999 bei den éditions d’autre part den Gedichtband Sur du rouge vif. Für den Erzählband Hécatombe (La Chambre d’échos, 1999) erhielt er einen Literaturpreis des Kantons Bern. Zwei weitere Erzählbände, Sous les draps du lac und Mon livre de chevet empoisonné erschienen 2001 und 2006 bei La Chambre d’échos.
Für den 2012 erschienenen Roman l’écrivain suisse allemand erhielt Rochat den angesehenen Westschweizer Prix Michel Dentan. Die Übersetzung ins Deutsche Melken mit Stil hat Yla M. von Dach besorgt.
Für den neuen, ebenfalls von Yla M. von Dach übersetzten Roman Nebelstreif erhielt Jean-Pierre Rochat 2019 den Preis Roman des romands.